Crémant de Loire – Ein Besuch bei Bouvet-Ladubay in Saumur
Auf den Weg an die Loire zu „Bouvet-Ladubay“, einem der ältesten und renommiertesten Schaumweinhersteller an der Loire „, freue ich mich über zwei Dinge ganz besonders: es ist mein erster Besuch an der Loire und ich trinke besonders gerne den Crémant de Loire von Bouvet-Ladubay.
Die Reise von München nach Saumur führt zuerst nach Paris, von dort fährt vom Gare Montparnasse der TGV nach Saint-Pierre-des-Corps, was eigentlich in Tours liegt. Dort steige ich in den Regionalzug und kommen nach einer knappen Stunde in Saumur an.
Untergebracht sind wir im „Aux Marquises“, einem erst vor kurzem eröffneten hübschen kleinen privat geführten Hotel auf der Loire-Insel Île d’Offard. Kurz frischgemacht machen wir uns am frühen Abend auf den Weg in die Altstadt.
Ein paar Schritte und schon stehen wir auf der Île d’Offard am Ufer der Loire mit Blick auf das Schloss Saumur. Die 1770 fertiggestellte „Pont Cessart“ verbindet die kleine Insel mit der Altstadt von Saumur und nach der langen Zugfahrt freuen wir uns auf den schönen Spaziergang in die Stadt.
Und freuen uns natürlich aufs Abendessen, ich spekuliere auf Austern, wir sind in Frankreich! Wir treffen uns auf der Place Saint-Pierre im „Bistrot de la Place“ mit der charmanten Juliette Monmousseau. Mit ihrem Vater Patrices leitet sie die seit 2015 wieder familieneigene Kellerei Bouvet-Ladubay, die seit 1932 einige Besitzerwechsel hinter sich hat. 2015 konnte die Familie Monmousseau das Unternehmen mit der abenteuerlichen Geschichte schließlich zurückkaufen.
Dem Aperitif nehmen wir noch draussen, zur würzigen Salami trinken wir unser erstes Glas Crémant de Loire Rosé.
Große Freude: es gab Austern. Dazu passte der cremige Chenin Blanc „Chenin“ aus der Linie „Les Pépites“ von Bouvet-Ladubay perfekt. Er verfügt über frische Aromen von Quitte, Apfel, und Birne, dazu machen Noten von Nüssen und Honig den Wein rund und ausgewogen.
Bouvet-Ladubay produziert neben Crémant de Loire auch einige Stillweine und mit dem roten „Les Pépites Saumur Champigny“ kommen wir zu den von uns sehr unterschiedlichen bestellten Hauptgängen wie Fisch oder gefüllter Schweinefuß.
Der zu aus 100% Cabernet Franc bestehende „Les Pépites – Saumur Champigny“ schmeckt uns allen leicht gekühlt und mir besonders gut zum Fischfilet mit Gemüse und Estragon-Sauce.
In den Keller des Bistrots dürfen wir am Ende auch noch steigen, der Weinkeller ist gut ausgestattet und das Bistrot absolut empfehlenswert.
Am nächsten Morgen ist noch Zeit für ein schönes Frühstück: es gibt Baguette, Marmelade, Schinken und Käse, hausgemachten Joghurt, Müsli, Pain au Chocolat, Croissants, einen hübscher Obstteller, Ei wird in verschiedenen Frühstücks-Variationen, dazu Orangensaft, Tee und Kaffee. Perfekt für den Start in den Tag, denn wir haben viel vor bis zum Mittagessen.
Am Flussufer der Loire wartet schon das Boot, das uns zum Haus Bouvet-Ladubay bringen wird.
Der historische Kahn ist sehr flach gebaut, da die Loire nicht tief ist und tatsächlich sehen wir an einigen Stellen den nahen Grund des Flusses. Früher wurden auf diesen Kähnen Lasten transportiert, heute dienen sie als Ausflugsboote.
Wir fahren die Loire entlang, am linken Ufer stehen große historische Stallungen die heute noch genutzt werden. Pferde verfügen über eine lange Tradition in Saumur, die ihren Ursprung in militärischen Zwecken haben. Bis heute gilt Saumur als Paradies für Pferdeliebhaber, eine der Hauptattraktionen ist die nationale französische Reitschule, „Le Cadre Noir de Saumur“.
Wir biegen ab in den Nebenfluss Thouet und erreichen die Rückseite der Gallerie „Bouvet-Ladubay Art Contemporain“.
Hier wird am Abend noch das 30 jährige Bestehen der berühmten Gallerie gefeiert, die zeitgenössische junge französische Künstler fördert und zwei Ausstellungen jährlich zeigt.
Gegenüber der Gallerie liegt das Stammhaus der Kellerei, von hier starten Führungen, Tastings können gebucht werden und die komplette Linie an Crémant de Loire wie auch die Stillweinen werden hier „ab Hof“ verkauft.
Ein tolles Erlebnis ist die Kellerbesichtigung mit dem Vintage-Fahrrad. Mit Taschenlampe am Lenker geht es einige Kilometer unterirdisch durch den ehemaligen Flaschenkeller von Bouvet-Ladubay. Bis vor fünf Jahren lag hier noch der komplette Bestand an Crémant Flaschen, heute lagern hier noch die Barrique-Fässer mit dem Stillwein für „Trésor“.
Insgesamt ist die Route im ehemaligen Tuffstein-Steinbruch der Benediktinerabtei Saint-Florent acht Kilometer lang, ein Plan zeigt farblich gekennzeichnete verschiedene Routen.
Während wir etwa 2 Kilometer fahren halten wir immer wieder an, erfahren viel über die Geschichte der Kellerei und fühlen uns in die Vergangenheit ein.
Was Patrice Monmousseau in Stein umsetzten ließ: 2002 engagierte der Firmenchef den Bildhauer Philippe Cormand um Teile einer imaginären „Versunkenen Kathedrale“ aus dem Tuffstein zu schlagen. Die entstandenen Säulen und verschieden Objekte erinnern uns heute an die Abtei aus dem 11. Jahrhundert.
Wir kommen zur Grundwasserquelle „La sourc “ und fahren weiter zur Place Jean Caremet, die dem berühmten französischen Schauspieler und Freund Patrice Monmousseaus gewidmet ist. Mit ihm war ein Projekt von Literaturlesungen im Tuffsteinkeller geplant, leider kam der plötzliche Tod Jean Carmets dazwischen.
An der nächsten Biegung der Stollenwege steht eine Erfindung Patrice Monmousseau: der Turnoveur. Ich habe die Maschine oft schon in Kellern gesehen, die Patrice vor etwa 40 Jahren erfand.
Der Turnoveur dreht die Flaschen während der Gärung in einer festgelegten Zeitspanne halbautomatisch, was die Arbeit des Drehens enorm erleichtert. Per Hand werden die Flaschen fast in keinem größeren Betrieb mehr gedreht.
Neben dem Turnoveur gibt es für sehr große Betriebe aber inzwischen Geräte, die noch wesentlich mehr Flaschen erfassen können.
Wir stellen unsere Räder ab und gehen in den coolen Tasting-Room.
Schicken und praktisch finden hier auch die internen Tastings statt. Die Fließen helfen hier bei der Selection der Stillweine: der Tester stellt die degustierten Weine in einer bestimmten Anordnung und Reihenfolge auf die Fließen vor sich hin um hinterher die Auswahl nachvollziehen zu können. So erarbeiten Patrice und Juliette Monmousseau mit Kellermeister Grégory Fournier ihre Cuvées.
Zu Crémant de Loire: wie Champagner wird ein Crémant immer mit der traditioneller Flaschengärung „Méthode Traditionelle“ produziert. Das heisst: der Crémant reift bei der zweiten Gärung bis zum Degorgieren auf der Hefe in der Flasche.
Unser erster Crémant im Glas ist der „Bouvet Crémant de Loire Excellence Brut“ aus 80% Chenin Blanc und 20% Chardonnay, zwölf Monate lag er auf der Hefe. Feinperlig, stohgelb, fisch und knackig mit Aromen von weißen Blüten, saftigen Steinobst und Zitrusnoten, ein dichter und eleganter Crémant de Loire.
Es folgt „Bouvet Trésor Samur APO Brut Vintage 2018„. 80 % Chenin blanc und 20 % Chardonnay und kein Crémant de Loire, sondern ein “Saumur Brut” . Der Grundwein für Trésor lagert 6 Monate im Barrique, wovon 15% aus neuen Holz bestehen, die Dosage beträgt 9 Gramm. Ein saftig-cremiger Schaumwein mit Briochenoten, Aromen von weissen Blüten, Zitrusfrüchten und feinen Nussaromen. Ich mag Trésor am liebsten aus der Magnum Flasche, ist auch immer eine große Attraktion auf Parties.
Toll: „Bouvet-Ladubay Zero Dosage Extra Brut Vintage 2018 Saumur AOP“. Elegant, straff und trocken mit eleganten Aromen von gelben Früchten und etwas Zitrusfrucht ein perfekter Aperitif und super zu Meeresfrüchten.
Nach Zero Dosage trinken wir „Bouvet Instinct Saumur AOP Brut Vintage 2018″. Die Spitzencuvée des Maison Bouvet-Ladubay Instinct besteht zu 90% aus Chenin Blanc und 10% Chardonnay. Komplex im Geschmack mit Brioche- und Biskuitnoten, dazu mineralisch und frisch mit Aromen von grünen Apfel und gelben Früchten.
Célestine – Extra Dry erinnert an Célestine Bouvet-Ladubay. Juliette Monmousseau fand bei der Durchsicht des historischen Bestandes der Kellerei ein persönliches Rezept von Célestine Ladubay: in die Dosage kam ein Schuß Liqueur von weißen Holunderblüten und so wird Célestine heute wieder produziert. Der Extra Dry ist mit mehr Süße (17 Gramm Zucker/l) ausgestattet, ist leicht & fruchtig-frisch und es kommt tatsächlich eine feine Idee von weissen Holunder durch.
Heute produziert Bouvet-Ladubay jährlich sieben Millionen Flaschen und gehört zu den größten Schaumweinproduzenten Frankreichs.
Gleich neben dem Tasting-Room liegt das kleine Firmen-Museum, dort hat Juliette Monmousseau vieles Verschollene wieder entdeckt und hier sind wir bei der Geschichte des Hauses. Im Flur zeigt eine Fotogallerie den Gründer Etienne Bouvet und alle weitere Inhaber bis hin zu Patrice und Juliette Monmousseau, den heutigen Besitzern.
Um die Gründung von Bouvet-Ladubay ranken sich viele Legenden, den Etienne Bouvet konnte weder Lesen noch Schreiben und kaufte mit 23 Jahren einen 8 km langen Keller in Saint-Hilaire-Saint-Florent. Dort gründete er mit seiner Frau Célestine Ladubay die „Maison Bouvet-Ladubay“.
Woher das Geld kam ist ein Mysterium, einige erzählten, Bouvet müsse einen Schatz gefunden haben, andere meinten er verfüge über ein magisches Schwert namens Ogmius, das im Felsen des Schlosses Saumur versteckt ist. Heute erinnert an an das Schwert der „Cremant Ogmius Vintage Saumur Brut“, der nur in der Magnumflasche erhältlich ist.
Das Ehepaar Bouvet-Ladubay erwies sich als äußerst geschäftstüchtig und einfallsreich: es bietet jedem seiner Kunden ein personalisiertes Etikett, eine völlig neue Marketingidee: verschiedene Schrifttypen und Farben, aufwendig geprägt vermitteln die Etiketten Exklusivität. Der besondere Dreh dabei war, dass die Kunden zu Grafen und Prinzen aufstiegen: Aus einem Herrn Brie wurde schnell gedruckt ein „Comte de la Brie“.
Bouvet-Ladubay wird offizieller Lieferant des britischen Parlamentes und um die Jahrhundertwende ist er einer der größten Schaumweinproduzenten weltweit.
Durch die Wirtschaftskrise bedingt musste 1932 an den grössten Konkurrenten Monmousseau (den Großvater von Patrice), verkauft werden, der die Firma weiter im kleinen bestehen ließ.
Von 1974 bis 2006 war das Champagnerhaus Taittinger der Inhaber, das wiederum an die United Breweries Group in Indien verkaufte. Juliette und Patrice Monmousseau konnten 2015 das ehemalige Familienunternehmen zurückkaufen.
In den drehbaren Archivschränken war jedem Kunden eine eigene Nummer zugeordnet, wo seine Etiketten lagerten und wo auch heute noch aus dieser Zeit Etiketten liegen.
Historische Werbeplakate und moderne Kunst, damals und heute ein tolles Branding.
Noch ein Blick in eines der originalen Etikettenbücher und in ein Schrankfach, dann machen wir uns auf ins hauseigene Kutschenmuseum.
Saumur und seine lange Tradition der Pferde, da gibt es auch einiges an Kutschen zu sehen.
Die spektakulärsten Exponate sind eine Schlafkutsche, die sich nach hinten für die Kopflage ausziehen lässt. Ein schnelles Gefährt zeigt das Gespann mit Pferdemodell.
Die historische Kutsche von Bouvet-Ladubay wurde zur spektakulären Markteinführung bei Harrods extra nach London transportiert. Was so aufwändig war, dass die Kutsche seither das Haus nicht mehr verlassen hat.
Kultur & Theater werden bei Bouvet-Ladubay hochgehalten. Etienne Bouvet litt sehr unter seiner mangelnden Bildung und baute ein Theater für seine Angestellten, wo sie Stücke aufführen und auch Texte dafür schreiben konnten. Regelmäßig kam es dort zu Aufführungen.
Heute ist das Theater die Bühne des „Festival d’Anjou“ und es wird für Modenschauen und Events genutzt. Die Jury der Filmfestspiele von Cannes mietet sich hier regelmäßig ein um die Filme für das Festival auszuwählen.
Hier endet unser Besuch von Keller, Theater, Museum, Tastingroom und Kutschenmuseum.
Der Geist des Hauses Bouvet-Ladubay wird in dieser Tradition von Theater und Bildung hier überall weitergeführt, ein inspirierender Ort, der uns viel Spaß bereitet hat.
Mittagessen! Mit dem Vintage Bully fahren wir ein Stück über Land.
Juliettes jüngere Schwester Marie betreibt ein Restaurant in Le Thoureil. Das „La Route du Sel“ liegt am Ufer der Loire und Marie ist dort auch Küchenchefin.
Wir essen im Restaurantgarten zu Mittag: Aal aus der Loire mit Oeufs mollets, eine super knusprige Fisch-Frittura, Hühnchen gefüllt mit Champignons mit Sauce Foie Gras, Rotbarben auf Spargel, Profiterol mit Pistazieneis (um Restaurant kommt noch ein Extra-Post).
Dazu trinken wir „Ogmius“, der Name bezieht sich auf das geheimnisvolle Schwert) aus der Magnumflasche, den es auch nur in der Magnum gibt. Ogmius besteht aus 80% Chenin Blanc und 20% Chardonnay und ist ein dichter und kräftiger Saumur Brut AOC, elegant mit feinen Briochenoten, mineralisch, mit Aromen von gelbenFrüchten, Aprikosen und Zitronenzesten. Die Magnum-Flasche ist mit um die 120 € die teuerste Flasche im Sortiment, Ogmius ist aber auch lagerfähig.
Zum Hauptgang kam Bouvet Rubis ins Glas und hat mich sehr überrascht. Ich hatte dem kräftigen Rot Süße zugeordnet, aber es kam anders.
Dabei ist Rubis zwar ein Demi Sec, verfügt aber über eine kräftige Tanninstruktur und schmeckt nach roten Früchten wie Brombeeren, schwarzen Johannisbeeren, Himbeeren und Erdbeeren. Passt neben Desserts auch sehr gut zu komplexen und auch fettreichen Hauptgerichten.
Wir wären bei diesem Ausblick gerne noch sitzen geblieben, aber unser niedlicher Bulli wartete bereits am Strassenrand. Der Rückweg führte uns an einer erst kürzlich wieder entdeckten Werbeaufschrift an einer Hauswand vorbei, die nun wieder aufgefrischt erstrahlt.
Noch ein kurzer Halt an der Rückseite des Schloß Saumur. Hier liegen Weingärten, die teils eine sehr spezielle Technik aufweisen: die Reben werden durch ein tief in der Mauer gelegenes Loch gezogen und wachsen dicht an der Mauer nach oben, die so ihre Wärme abgeben kann.
Nach einem Spaziergang mit toller Aussicht ist es schon früher Abend. Noch kurz umziehen und es geht in die von Patrice Monmousseau 1992 eröffnete Galerie für moderne Kunst.
2023 feiert das „Centre d’Art Contemporain Bouvet-Ladubay“ sein 30jähriges Jubiläum, das eine wichtige Institution in Frankreich ist.
Bis 1. Oktober 2023 ist dort die Ausstellung der Künstlerin Cécile Bart zu sehen, bei deren Eröffnung eine festliche Rede gehalten wurde und zum Jubiläum der Galerie auch der Bürgermeister von Saumur gekommen ist.
Eine sehr hübsche Idee ist die bunte Collection an bunten Metalldeckelchen (plaque de muselet). 30 Künstler haben die Deckelchen über die Zeit gestaltet, die sich bei Schaumweinflaschen zwischen Korken und Agraffe (Drahtkorb) befinden. Oben ist das Werk des jeweiligen Künstlers aufgedruckt, auf der Unterseite der Name des Künstlers.
Pferde spielen auch bei der Förderung von jungen Künstlern eine große Rolle: das „Centre d’Art Contemporain Bouvet-Ladubay“ fördert ausgewählte französische Künstler, das Thema ist auch hier das Pferd. Ein fragiles Ergebnis in Lebensgröße aus alten Rebstöcken hängt hier von der Decke:
Das Galadinner zum 30jährigen Jubiläum ist auch der Abschluss des Tages.
Hier treffen wir alle verkosteten Weine wieder und trinken sie in anderen Kombinationen wieder, was ja immer spannend ist.
Der geschmeidige, frische La Nompareille (Chenin Blanc) schmeckt uns sehr zur kühlen und intensiven Krustentierschale, hier passen die dezenten Holznoten mit ihrem Schmelz.
Das Foie Gras – Champignon gefüllte Hühnchen kam hier mit Brokkoli und kräftiger Soße, perfekt hier „Les Pépites Bouvet Ladubay Anjou 2019“. Leicht gekühlt, fisch, Aromen von Cassis, Rosen und roten Beeren. Cabernet Franc 60%, Cabernet Sauvignon 40%.
Crémant des Loire und Saumur Brut AOC gab es natürlich auch, gut zum Abschluß mit Käse und Dessert.
Ich danke dem Haus Bouvet-Ladubay für die freundliche Einladung zu dieser Recherchereise.