Ein Besuch bei Bledar Kola: Das Mullixhiu in Tirana

Ein Grund für die Reise nach Tirana war ein Besuch des Mullixhiu in Tirana.

Claudia hatte versucht Bledar Kola per Mail zu kontaktieren, jedoch kam keine Antwort. Also ließen wir uns überraschen und machten uns am zweiten Abend unseres Tiranabesuchs auf zum Restaurant. Reserviert hatten wir so auch nicht und waren gespannt.

Bledar Kola stand am Empfang, es war um 20:00 Uhr noch etwas früh und er war noch bei der Abstimmung mit dem Service. Angesprochen auf die Mail-Anfrage erinnerte er sich sofort, entschuldigte sich für die versäumte Antwort und setzte sich mit uns erst einmal an den Tisch.

Bledar Kola erzählte uns seinen Werdegang vom Tellerwäscher zum Spitzenkoch mit einem der besten Restaurants Europas: mit 15 Jahren verließ er Albanien um im Ausland Geld zu verdienen. In London begann er als Tellerwäscher, besuchte dort eine Kochschule und arbeitete sich voran bis zu einem  Praktikumsplatz in Kopenhagen bei René Redzepi im Noma. Oft musste er sich im Ausland als Italiener ausgeben, denn der kriminelle Ruf eilt den Albaneren voraus.

Am Noma beeindruckte ihn das neu erfinden der nordischen Küche mit einfachen heimischen Zutaten und er dachte, dass das in Albanien auch möglich sein muss: die albanische Küche neu zu erfinden mit den wunderbaren Produkten des Landes und den natürlichen Zutaten und Pflanzen. In seinem Kochbuch finden sich die leicht umsetzbaren, modernisierte albanische Rezepte.

Im Mullixhiu war es ihm ein Anliegen den Landsleuten die albanische Küche wieder nahebringen und wieder ein Bewusstsein für die vergessenen kulinarischen Schätze Albaniens zu schaffen. Denn in der Zeit der Abgeschlossenheit des Kommunismus ging vieles verloren, nach der Öffnung wurde durch die Nähe zu Italien größtenteils italienisch gegessen. Was auch heute noch sehr verbreitet ist, italienische Restaurants gibt es viele.

Ein weiterer wichtiger Punkt war die Preise so günstig zu halten, dass es den Einheimischen möglich ist bei ihm zu essen und ein Restaurantbesuch nicht nur für Touristen erschwinglich ist. So kostet das Degustationsmenü mit 6 Gängen nur 25 € und es muss auch nicht gleich ein großes Menü sein. À la carte ist es möglich auch einzelne albanische Klassiker zu bestellen, Wein wird auch glasweise ausgeschenkt.

Ich hatte eine Kopie des Buchtitels seines Kochbuchs “Die neue Albanische Küche” für eine Signatur dabei und auf die Bitte um eine solche antwortete er, wir sollen erst mal essen und sollten wir anschließend die Signatur noch wollen: sehr gerne. Dann verabschiedete er sich in die Küche.

Mullixhiu heißt übersetzt Müller und das Restaurant ist entsprechend gemütlich eingerichtet. Drei Getreidemühlen stehen im Restaurant, zwischen hohen Glasscheiben liegen getrocknete Maiskolben und es gibt eine eigene Backstube und das hauseigene Gebäck kommt natürlich in den Brotkorb. Ausserdem wird das Brot (besonders ist das traditionelle Maisbrot) und Brötchen tagsüber auch über die Theke an Kunden verkauft.

Im Restaurant ist es entsprechend gemütlich, man fühlt sich sofort wohl und wir nett umsorgt.

Wir bestellen das Degustationsmenü und eine Flasche Weißwein für den Anfang – E BARDHA e BERATIT vom vielgelobten albanischen und auch nahegelegenen Weingut COBO.

Erster Gang: bei Kaki mit fein gehobelten Hokaidokürbis handelt es sich um eine Art Salat. Fruchtig und mit einer feinen Säure deer perfekte Einstieg, wir freuten uns schon auf die weiteren Gänge.

Zweiter Gang: Qifqi oriz. Hatten wir bereits am Vortag im Oda mit einer Scheibe Käse als Beilage, hier kommt die modernisierte Form: sanfter ausgebacken, die Kräuter deutlich schmeckbar und insgesamt saftiger. Das Reisbällchen liegt auf einem Bett aus würzigen, aber hier cremigen Käse umgeben von Olivenöl.

Der dritte Gang: Zitronen-Ei-Suppe mit Minze und sanft gebratenen Fleischbällchen aus Rinderhack. Angenehm säuerlich und frisch, würzig durch die Fleischeinlage.

Leicht gesäuerter Weizenschrot, Spinat und säuerlich vergorene Beeren waren ein völlig neues Geschmackserlebnis. Ein modernisierter Klassiker einer verbreiteten Suppe des Mittelmeerraumes.

Ochsenschwanz, eine Art getrocknete Milch und die Soße sind so ungewöhnlich würzig, das ausgelöste Fleisch so zart, eine so nie erlebte geschmackliche Überraschung!

Knusprige Haut auf fleischigen Wachteln, die cremige Polenta und die sehr säuerliche, fruchtige Soße, eine tolle Kombination!

Das Dessert war ein so abwechslungsreicher Abschluß, Quitten, Milch, Honig, cremig, nicht zu süß, etwas aus der Eierschale zum Löffeln: wir waren hinterher satt und glücklich. Und bestellten uns noch ein Glas Rotwein, ebenfalls vom Weingut COBO.

Ich bekam zum Abschluß die Widmung für mein Kochbuch und es gab noch eine Überraschung: Claudia hatte eine Frage zu Sarma, eine Art Krautwickerl. Bledar Kolar meinte, er kenne sich da nicht so gut aus wie seine gute Freundin Zonja Tefta, eine bekannte Fernsehköchin Albaniens. Er würde sie anrufen, vielleicht hätte sie morgen Zeit vorbeizukommen, ob wir gegen mittags kommen könnten?

Innerhalb von 5 Minuten war alles arrangiert, wir verabredeten uns für 12 Uhr mittags und waren aufgeregt bei der Überlegung was da kommen mag. Und was uns Bledar Kolar und Zonja Tefta am nächsten Tag boten überstieg alle unsere Erwartungen.

Dazu darüber der nächste Bericht!

Mullixhiu

Shëtitorja Lasgush Poradeci Hyrja e Parkut tek Diga e Liqenit Artificial

Tirana 1019, Albanien

Täglich mittags und abends geöffnet

Ich bin Petra Hammerstein, zwischen den Mahlzeiten führe ich unseren Fami­lien­betrieb, das Antiquariat Hans Hammer­stein in der Mün­chener Türkenstrasse. Mein Interesse gilt dem Essen und vom Mut anderer möchte ich erfahren.