Rezept

Ein Menü vom Hirn bis zum Pürzel

Zucchiniblüten
Zucchiniblüten aus meinem Garten

Mit Hirn als Vorspeise, Lammnierchen als Zwischengang und Taube als Hauptgang, wobei der Pürzel in den Suppentopf kam.
Nicht als Pürzel alleine, denn von der ausgelösten Taube wurde die komplette Karkasse kleingehackt und samt Schenkeln zur Consommé verkocht.

Aber zur Reihenfolge, das komplette Menü las sich folgendermaßen:

Zucchiniblüten mit Lammhirn gefüllt
Lammnierchen in brauner Butter mit Estragon
Taubenbrust, Taubenconsommée, Herz, Leber, Artischockenpüree und Steinpilze

Was die Zubreitung betrifft sollte mit der Taube begonnen werden, denn die Karkasse wird erst ausgekocht, die entstandene Brühe kommt hinterher zur Fetterstarrung in den Kühlschrank. Was einige Zeit beansprucht und gut auch am Vortag gemacht werden kann.
Die Brüste werden so lange einfach kühlgestellt.

Ich kaufe bewusst alle Tiere mit Knochen und löse selbst aus, so komme ich zu den Knochen, aus welchen ich Brühe oder Soße koche.
Von einem Huhn etwa, in Brust, Flügel und Keulen zerlegt, bleibt am Ende noch das Gerippe für die Suppe übrig.
Beim Komplettkauf sind aber vor allem die Innereien noch dabei.
Die es selten auf den Teller der Gäste schaffen, ich esse sie nämlich sehr gerne einfach gebraten, mit Salz und Pfeffer gewürzt, zu meinem Kochwein.

Bei uns kommen aber oft Innereien auf den Tisch, ich bin mit ihnen ganz selbstverständlich aufgewachsen.
Es gab oft Lüngerl, Nieren und Leber sauer, gebratenes Herz, Kronfleisch aus Pfanne oder Topf, es wurde einfach alles gegessen, meist traditionell süddeutsch in der Familie zubereitet.

Ich habe später für mich immer versucht Variationen zu finden, sei es in anderen Landesküchen, durch uns fremde Innereien wie Hoden oder Innereien vom Kaninchen, Schaf oder Ziege.
Hier richtet sich der Speiseplan nach der Beschaffung, was gibt es auf dem Bauernmarkt, was kann ich beim Metzger bestellen, oder komme ich in den türkischen Supermarkt?

Im türkischen Supermarkt liegen meist alle Innereien vom Lamm in der Kühltheke. Schafsmagen für Haggis gäbe es (will ich schon ewig ausprobieren), eine Schafslunge habe ich neulich abends beim tunesischen Metzger geschenkt bekommen, aber es werden auch Kutteln vom Rind und Kälberfüße angeboten.
Oder eben das Lammhirn für die Zucchiniblüten.

Ein Gericht, dass mich an Italien erinnert, wo oft ungewöhnliche, oder einfach der Hitze wegen, leichtere Zubereitungsarten von Innereien zu finden sind.
Eine gekochte, noch lauwarme Kalbszunge mit etwas Olivenöl und Salz aus der Mühle schmeckt als leichtes Sommergericht in Venedig im “Do Mori” und auf dem Campo di Fiori in der “Hostaria Romanesca” in Rom. Wo ich dem Innereienliebhaber das Checchino dal 1887 ans Herz legen kann.

Die Zucchiniblüte ist die perfekte Hülle für das cremige Hirn, in Tempura ausgebacken ist das Hirn so leichter als klassisch paniert mit Bröseln und Ei.
Dazu verleihen die Schinkenchips etwas Salz und viel Würze.

Zum Zwischengang, den Lammnierchen, kommt nur Butter und Estragon.
Französischen Estragon ziehe ich selbst.
Denn der Estragon im Kräutertopf ist eine aus Saatgut gewonnene Pflanze, die nach wenig schmeckt.
Daher lohnt sich der nicht so große Aufwand, die Pflanze ist auch winterfest. Die Stiele für die Stecklinge kaufe ich auch im türkischen Supermarkt, aber wer ihn nicht selbst ziehen möchte holt den Estragon am besten dort immer frisch als Bund.

Beim Einkauf ist darauf zu achten, dass die Nieren (wie auch alle anderen Innereien) klein sind.
Bei Nieren wird oft empfohlen, sie über Nacht in Wasser einzulegen, so würde unangenehmer Geruch ausgewässert werden. Nur saugen die Nieren hier viel Wasser auf, werden hart und bleich.

Von Lucki Maurer habe ich eine andere Methode gelernt: die geschnittenen, geputzten Nieren mit viel Salz durchkneten und wieder abwaschen. Vorgang gegebenfalls wiederholen, sie sollten am Ende der Prozedur frisch riechen.
Dann die Nierchen mit Küchenkrepp abtrocknen.
Die Nieren werden hierbei nicht hart (wie oft angenommen) und sind so gereinigt geschmacklich noch um vieles besser.

Die Zubereitung ist einfach und die Kombination von Nieren, Butter und Estragon sehr aromatisch, Nieren unbedingt gut anrösten.

Der Hauptgang zeigt drei Facetten von der Taube: die Consommé, die rosé gebratene Brust und die Innereien, die bei einer Taube sparsam aufgeteilt werden müssen.
Ich habe Herz und Leber bekommen, sonst muss geteilt werden; oder eine Taube pro Person gerechnet, ergibt dann auch mehr Brühe.

Ich bereite Gerichte, wie die hier vorgestellten, gerne auch einzel im Alltag zu, es gibt ja nicht immer ein Menü.
Aber oft die Gelegenheit, zu einer frischen Innerei zu kommen. Hier lohnt es sich, mit Metzgern auf Bauernmärkten oder in Metzgereien zu sprechen, dort findet man immer ein offenes Ohr.
Oder im Internet nach entsprechenden Händlern zu suchen, etwa mehr zu bestellen und einzufrieren.
Vor allem ist es wichtig Experimente zu machen um die Innereienküche für sich spannend zu gestalten!

Die hier ist mein Beitrag zum AMA Foodblog Award unter der Kategorie “Nose to tail”

frisches Lammhirn
frisches Lammhirn
hier eine Blüte mit Hirn gefüllt
hier eine Blüte mit Hirn gefüllt
aussen heiß und knusprig
aussen heiß und knusprig
innen cremig
innen cremig
kleine Lammnierchen und frischer Estragon
kleine Lammnierchen und frischer Estragon
Säubern mit der Lucki Maurer Methode
Säubern mit der Lucki Maurer Methode
in brauner Butter gebraten
in brauner Butter gebraten
mit frischem Estragon bestreuen
mit frischem Estragon bestreuen
die Zutaten
die Zutaten, Karkasse war schon im Topf
Steinpilze, Brust, Consommée double
Steinpilze, Brust, Consommée double
rosa gebraten mit knuspriger Haut
rosa gebraten mit knuspriger Haut

Artischockenpüree mit Herz und Leber
Artischockenpüree mit Herz und Leber

Ein Menü vom Hirn bis zum Pürzel

Zucchiniblüten mit Lammhirnfüllung

  • 100 Gramm Lammhiern
  • 2 Blüten Babyzucchini
  • getrocknete Schinkenchips
  • 4 Eßlöffel Temura
  • Eiswürfel
  • 1 Spritzer Zitronensaft
  • 4 Eßlöffel Weißwein
  • Salz
  • Öl (zum Ausbacken)

Lammnierchen in brauner Butter mit Estragon

  • 8 kleine Lammnierchen
  • 3 Zweige französischen Estragon
  • 2 Eßlöffel Butter
  • Salz
  • Pfeffer aus der Mühle

Taubenbrust mit Artischockenpüree, Herz, Leber und Steinpilzen

  • 1 Taube mit Innereien
  • 1 Steinpilz (mittelgroß)
  • 2 kleine italienische Artischocken
  • 2 frische Knoblauchzehen
  • 1 Zitrone
  • 1 Eßlöffel Olivenöl
  • 1 Teelöffel Butter
  • 1 Teelöffel 1 TL Öl
  • Salz
  • Pfeffer aus der Mühle

Taubenconsommé double

  • 1 Karkasse einer Taube mit Schenkeln
  • 1 Stück Lauch
  • 1 kleine Karotte
  • 30 Gramm Sellerie
  • 1 kleine Zwiebel (oder Schalotte)
  • 2 Stile Petersilie
  • 1 Zweig Thymian
  • 0,1 Liter Sherry (trocken)
  • 1 Lorbeerblatt
  • 2 Pimentkörner
  • ca. 6 Pfefferkörner (schwarz)
  • 1 Teelöffel Öl ((neutral))
  • Salz

Zucchiniblüten mit Lammhirnfüllung

  1. Vom Hirn stark blutige Stellen abschneiden, Hirn in kaltes Wasser legen und etwas wässern.
  2. Vom Hirn das äussere Häutchen mit den blutigen Adern entfernen, dazu das Hirn in eine Schale mit Wasser legen und die Häute abziehen, dabei das Hirn mit dem Wasser immer etwas in den Zwischenräumen waschen. Wasser öfter wechseln.
  3. Aus der Zucchiniblüte den Blütenstempel entfernen.
  4. Das geputzte Hirn in Stücke schneiden, etwas salzen und einen Spritzer Zitrone zugeben.
  5. Tempura in eine Schale geben, mit 50:50 eiskaltem Wasser und Weißwein zu einer nicht zu zähen Masse anrühren. Die Eiswürfel zugeben und durchrühren.
  6. Öl in einem breiten Topf erhitzen. Die Temperatur testen: ein Holzstäbchen ins Öl halten, steigen feine Blasen auf stimmt die Hitze.
  7. Die Blüten mit dem Hirn füllen, in Tempura wenden und frittieren (dabei nicht zu oft wenden).
  8. Mit einer Schaumkelle aus dem Öl heben und auf Küchenkrepp entfetten.
  9. Auf einem Teller anrichten und mit den zerbröselten, getrockneten Schinken bestreuen.

Lammnierchen in brauner Butter mit Estragon

  1. 8 kleine Lammnierchen.
  2. Eventuell vorhandenes Fett von den Nieren entfernen und die Nieren der Länge nach halbieren.
  3. Nierenhälften kräftig salzen, mit den Händen durchdrücken und mit kaltem Wasser abwaschen. Nieren abtrocknen und Vorgang so lange wiederholen bis die Nieren nicht mehr riechen. Am Ende gut abtropfen lasssen und auf Küchenkrepp trocknen.
  4. Estragonblätter abzupfen und mit dem Messer schneiden.
  5. Butter in einer Pfanne kräftig erhitzen, 2/3 des Estragons und die Nieren darin kurz (ca. 2 Minuten) braten, so dass die Nieren aussen Röstung annehmen.
  6. Die fertigen Nieren aus der Pfanne nehmen und auf Tellern anrichten, mit dem restlichen Estragon bestreuen und mit Pfeffer aus der Mühle würzen.
  7. Heiß servieren.

Taubenbrust mit Artischockenpüree, Herz, Leber und Steinpilzen

  1. Taube auslösen, die Brüste beiseite stellen. Die restliche Karkasse mit den Schenkeln kleinhacken und im Kühlschrank bis zur Weiterverarbeitung aufbewahren.
  2. Artischocke putzen, die Böden mit Zitronensaft beträufeln und kleinschneiden.
  3. Ca. 0,1 l Wasser in einem Topf erhitzen und die Artischockenstücke darin weichkochen.
  4. Olivenöl zugeben, mit einem Pürierstab durchmixen und leicht salzen.
  5. Pfanne erhitzen, Taubenbrüste salzen und mit der Haut nach unten ohne Öl ca. 1 Minute anbraten.
  6. Das neutrale Öl in die Pfanne geben und die Brüste umdrehen, Hitze reduzieren. Nach 5 Minuten, wieder auf die Hautseite drehen und Pfanne von der Platte ziehen. Ruhen lassen.
  7. Steinpilz putzen und in ca. 1 cm dicke Scheiben schneiden.
  8. Taubenbrüste aus der Pfanne nehmen und an einem warmen Ort beiseite stellen (oder im Ofen bei 50°).
  9. Knoblauch schälen und halbieren, Herz und Leber putzen.
  10. Butter in der Pfanne schmelzen, die Steinpilzscheiben mit den Knoblauchzehen in die Pfanne geben und braten.
  11. Herz und Leber salzen und in die Pfanne geben.
  12. Zum Servieren die Brüste schräg in Scheiben schneiden, mit den Steinpilzen und dem Artischockenpüree anrichten, zum Artischockenpüree Herz und Leber legen. Ein kleines Süppchen dazustellen und aufessen.

Taubenconsommé double

  1. Taubenkarkasse mit einem Beil kleinhacken.
  2. Gemüse waschen und kleinschneiden.
  3. In einem Topf die Taubenknochen mit dem Gemüse in etwas Öl leicht anrösten und mit ca 1 1/2 heißem Wasser aufgießen.
  4. Zum Kochen bringen, Hitze reduzieren, so dass die Suppe nur noch leicht köchelt.
  5. Gewürze, Petersilie und Thymian zugeben und ca. 1 1/2 Stunden köcheln lassen, danach probieren, ob die Konzentration schon ausreicht.
  6. Sherry zugeben, salzen, noch 5 Minuten köcheln und dann absieben.
  7. Suppe auskühlen lassen und in den Kühlschrank stellen. Die kalte Consommé nochmals durch ein Passiertuch sieben, so wird sie entfettet und geklärt.
  8. Erhitzen, abschmecken und servieren.

Ich bin Petra Hammerstein, zwischen den Mahlzeiten führe ich unseren Fami­lien­betrieb, das Antiquariat Hans Hammer­stein in der Mün­chener Türkenstrasse. Mein Interesse gilt dem Essen und vom Mut anderer möchte ich erfahren.